Stadt Bruchköbel: Auf Bruchköbel – der Weg zu einer neuen Innenstadt

Kategorie:

Erlebnis- und Lebensraum

Marketing und Kommunikation

Stadtgestaltung und Immobilien

Organisation und Zusammenhalt

Einwohnerzahl: 21.000
Bundesland: Hessen
Jahr der Umsetzung: 2019
Projektvolumen: mehr als 100.000 €

Warum Best Practice?

  • Beteiligung von Anfang an: ein offenes, innovatives Planungs- und Vorbereitungsverfahren ebnete den Weg für die erfolgreiche Umsetzung der Innenstadtentwicklung.
  • Nachfrage: Eröffnung von Gastronomiebetrieben im neuen Stadthaus und im Alten Rathaus. Im neuen Geschäftshaus siedeln sich Dienstleister, Handelsunternehmen und Ärzte an. Auch für die neuen Wohnungen gibt es rege Nachfrage. Immobilien im Umfeld werden aufgekauft, da eine Wertsteigerung erwartet wird.

Zielstellung

Was wollen wir erreichen?

  • Den Sanierungsstau der Innenstadt beseitigen. Eine nachhaltige und lebendige Gestaltung mit hoher Aufenthaltsqualität schaffen.
  • Den Prozess mit einem stringenten Projektmanagement und dem Schulterschluss der Politik erfolgreich durchlaufen.
  • Durch eine umfassende Beteiligung und eine laufende Kommunikation in allen Prozessschritten Unterstützer für den Innenstadtumbau gewinnen.

Projektbeschreibung

Was ist unser Projekt? Worum geht es?

In Bruchköbel findet ein zukunftsweisender Innenstadtumbau statt. Ein sieben Jahre währender Planungs- und Beteiligungsprozess endete im Jahr 2019 mit dem Startschuss für den Innenstadtumbau in Höhe von rund 40 Mio. Euro.

Das 6 ha große Innenstadtareal war zuvor geprägt vom Sanierungstau der städtischen Gebäude aus den 70‘ Jahren. Die Anbindung und Gestaltung vorhandener Grünflächen fehlte, ein sanierungsbedürftiges Parkdeck versperrte die Sicht und ein Vollversorger strebte eine neue Entwicklung an.  

Nachdem ein erster Versuch zur „Neuen Mitte“ durch ein Investorenmodell am Bürgerprotest scheiterte, wurde der zweite Start auf eine breite Basis mit umfassender Bürgerbeteiligung gestellt. 

Der Schlüssel zum Erfolg war ein stringentes Projektmanagement, das ämter- und fachübergreifend den Prozess in jedem Stadium begleitete und die Kommunikation zu allen Beteiligten sicherte.

Stadtakteure aus Politik und Bürgerschaft arbeiteten auf Augenhöhe an Planungsvarianten. Verwaltung, Immobilienmanager*innen, Stadtplaner*innen, Stadtmarketing, lokale Wirtschaft und Beratungsunternehmen durchliefen gemeinsam den komplexen Planungs- und Ausschreibungsprozess.  

Die regelmäßige, umfassende Kommunikation und Einbeziehung der Stadtgesellschaft brachte Feedback und Akzeptanz.

Erkannt und getragen wurde der Weg durch die Notwendigkeit, die Stadt künftig durch mehrere Faktoren und Funktionen nachhaltig zu beleben.

Projekt-Fahrplan

Wie sind wir vorgegangen?

  • Juni 2012: Einstimmiger Neustart der Stadtverordnetenversammlung für ein gemeinsam gestaltetes Bruchköbel mit einer lebendigen Innenstadt.
  • Juni bis Sept. 2012: On- und Offline Bürgerumfrage „Innenstadtentwicklung“. 1700 Bürger*innen nahmen teil.
  • November 2012: Bürgerinfoabend 1 – Vorstellung der Ergebnisse der Umfrage.
  • Januar bis Mai 2013: Überarbeitung des Leitbilds „Bruchköbel 2025“ mit dem Masterziel „Schaffung einer Innenstadt mit Aufenthaltsqualität“.
  • Oktober 2013 bis Juni 2014: Gründung einer Lenkungsgruppe, die den Prozess mit insgesamt 18 Sitzungen begleitet. Sie erarbeitet anhand der Umfrageergebnisse für das Innenstadtareal einen Plan mit fünf Bereichen.
  • Oktober 2014: Bürgerinfoabend 2 – Präsentation Inhalt und Zeitplan.
  • April 2015: Beauftragung eines Stadtplanungsbüros mit einem Städtebaulichen Entwurf für die Innenstadtentwicklung in Varianten für die ermittelten Nutzungen.
  • November 2015: Bürgerinfoabend 3 – Präsentation der Varianten 1 und 2, Sammlung von Bürgerstimmen.
  • Februar 2016: Beauftragung der Maßnahmen zur Vorbereitung der neuen Innenstadt für die Variante 1 und Beschluss zur Umsetzung des Gesamtvorhabens in drei Bauabschnitten: Bauabschnitt 1 (Stadthaus mit Tiefgarage und Außenanlagen) durch die Stadt in Eigenregie, Bauabschnitte 2 (SB-Markt) und 3 (Wohn- und Geschäftsbebauung) sollen nach Veräußerung der Teilgrundstücke durch private Investoren erfolgen.
  • April 2016: Beauftragung des Planungsbüros Kramm und Strigl aus Darmstadt mit den Planungsstudien zum Stadthaus (Gebäudeplanung), den Krebsbachauen (Freianlagenplanung) sowie Tiefgarage, Stadthaus und Einzelhandel auf der Basis des städtebaulichen Entwurfs.
  • Juli 2016: Einleitung der EU-weiten Ausschreibung der Planungsphasen 3 – 9 HOAI als Generalplanerleistung für Stadthaus, Tiefgarage und Freianlagen.
  • November 2016: Bürgerinfoabend 4 – Sachstand Innenstadtentwicklung.
  • März 2017: Kramm und Strigl gewinnt die Ausschreibung für die Planung.
  • Mai 2017: Bürgerinfoabend 5 – Vorstellung des Planungsstands und Ausblick.
  • November 2017: Bürgerinfoabend 6 – Vorstellung des Planungsstands und Ausblick.
  • Januar 2018: Europaweite Ausschreibung der Ausführung der Baubereiche eins, zwei, drei. Stadtverordnetensitzung mit Fragen und Antworten zur Planung: Bürgermeister Maibach beantwortet 137 Fragen.
  • Oktober 2018: Eröffnung der wettbewerblichen Dialogphase mit den Bietern für die Vorzugsvariante 1. Ziel ist die Suche und vertragliche Bindung eines privaten Partners zur Realisierung des Gesamtvorhabens in kooperativer Partnerschaft.
  • November 2018: Bürgerinfoabend 7 – Sachstand Innenstadtentwicklung, Stadtteile, Stand des Wettbewerblichen Dialoges. Bruchköbeler Stadtgespräch zum Thema Innenstadtentwicklung.
  • Mai – Juni 2019: Die Stadt fordert Investoren zur Angebotsabgabe im wettbewerblichen Dialog auf. Den Zuschlag für die Umsetzung der Lose 1 und 2 erhält der Bieter Schoofs Immobilien GmbH Frankfurt.
  • Mai 2020: Zuschlagserteilung an die Bonava Deutschland GmbH für LOS 3, das Wohn- und Geschäftshaus. Ein Eigentumsübertritt wird für das 2. Quartal 2022 vereinbart.

Begleitet wurde der Prozess von einem umfassenden Kommunikationsoffensive mit rund 50 Pressemeldungen und über 80 Social Media Posts, zwei Webseiten, rund 30 Baunewslettern, Filmmaterial, 3D Animation sowie Bannern zu Historie und Zukunft. Neben den fünf großen Bürgerinformationsveranstaltungen bot sich der Bürgerschaft an Ständen auf Festen und dem Wochenmarkt sowie durch Führungen über die Baustelle die Möglichkeit sich zu informieren. Gleichzeitig wurde eine Handelsunterstützung, z.B. auch ein Shuttleservice vom Ausweichparkplatz in die Stadt, eingerichtet.

Partnerschaften

Wer war mit im Boot?

Stadtverwaltung; Vereine; Kammern und Verbände (IHK, HWK, Handelsverband etc.); Immobilieneigentümer; Bürgerschaft

Konkret: Bauverwaltung; Stadtplanung; Verkehrs-, Ordnungsbehörde; Personalverwaltung; Kulturarbeit; Seniorenbeirat; Naturschutz u.a.; Lenkungsgruppe Bürgerschaft und Politik; Stadtmarketing Bruchköbel GmbH; Marketing- und Gewerbeverein Bruchköbel; Arbeitsgemeinschaft Stadtmarketing; Vereine wie der Geschichtsverein Bruchköbel e.V.; Behörden des Denkmalschutzes, Straßenverkehrs, Wasserschutzes usw.; Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Energie und Wohnen; Main-Kinzig-Kreis; Terramag Immobilienwirtschaftliche Beratung; Stadtplanung Kramm und Strigl Darmstadt; IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, Handelsverband Hessen Süd; CIMA Beratung + Management GmbH; IFH Institut für Handelsforschung; Urban Media Project; Fachanwälte, Gastronomieberatung, Fachbüros

Aufwände

Finanzen:

Die Finanzierung des umfangreichen Vorhabens steht auf drei Beinen:

  1. Planung und Finanzierung des städtischen Bauvorhabens für Stadthaus, Stadtplatz, Wasser, Grün und Tiefgarage
  2. Bau und Bewirtschaftung der Tiefgarage mit 230 Stellplätzen
  3. Verkauf der Grundstücke für den SB-Markt und die Wohn- und Geschäftsbebauung

Insgesamt sind dafür rund 40 Millionen Euro zu verausgaben. Davon entfallen ca. 1,1 Millionen Euro für die Prozesssteuerung und Kommunikation bis 2019.

Die Städtebauförderung „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Energie und Wohnen fördert die Gestaltung des neuen Stadtzentrums über zehn Jahre mit 7,3 Millionen.

Personal:

Der Prozess zur neuen Innenstadt dauerte knapp zehn Jahre und benötigte bis zum Baustart einen Zeitaufwand von ca. zwei bis drei vollen Arbeitstagen für drei bis vier Mitarbeiter*innen der Verwaltung und der Stadtmarketing GmbH. Begleitet wurde er durch externe immobilienwirtschaftliche Beratung, Fachanwälte und Planer. So konnte von Anfang an die vielfältige fachliche Kompetenz für die komplexe Planung und das vielschichtige Vorgehen sichergestellt werden.

Gut zu wissen

Unsere Tipps für Nachahmer

Ein zentrales Projektmanagement muss alle Fäden zusammenzuführen. Die größte Herausforderung war es, die Stadtgesellschaft für den Veränderungsprozess der Stadt zu gewinnen. Die Information und Beteiligung aller Akteure waren daher von zentraler Bedeutung. Es gelang zu erklären, warum die Umgestaltung für die Stadt Vorteile bringen würde. Stück für Stück wurde von und mit allen Beteiligten der Blick für Neues entdeckt: z.B. warum das alte Rathaus nicht sanierungswürdig war und niedergelegt werden sollte, warum auch die andere Seite des Baches einbezogen oder das Parken unter die Erde verlegt werden muss.

Wichtig ist der politische Konsens, diesen offenen Weg beschreiten und die Verantwortung für die Gestaltung des Innenstadtvorhabens übernehmen zu wollen. Die politisch Verantwortlichen müssen finanzielle Entscheidungen und Konsequenzen in nicht unerheblichem Ausmaß tragen. Daher ist es wichtig, eng und transparent alle Schritte und Entwicklungen zu kommunizieren und die Entscheidungen gut vorzubereiten.

Es gilt die unterschiedlichen Zeitfenster und Kommunikationsbedarfe der Anspruchsgruppen im Blick zu behalten. Kritische Fragen und Kommunikation zum Prozess müssen mit umfassender Aufklärung unmittelbar beantwortet werden und sind jederzeit möglich. Trotz umfangreicher Information in den Jahren zuvor fand z.B. 2018 die „Nacht der 100 Fragen“ in der die Stadtverordnetenversammlung statt – ein wichtiger Abend für die Entscheidungsfindung.