Hanau: „Hanau aufLADEN“

Kategorie:

Standortförderung und Leerstand

Erlebnis- und Lebensraum

Marketing und Kommunikation

Stadtgestaltung und Immobilien

Organisation und Zusammenhalt

Einwohnerzahl: 99.300
Bundesland: Hessen
Jahr der Umsetzung: seit 2020
Projektvolumen: mehr als 100.000 €

Warum Best Practice?

  • Starkes Signal der Stadt für den Standort: Vorkaufsrechtsatzung der Stadt ermöglicht den frühzeitigen Dialog und damit die gesteuerte Entwicklung der Innenstadt; zusätzlich Unterstützung der Unternehmer*innen durch Starterhilfe und sonstige Begleitung
  • Erfolgsmodell: Eröffnung und Betrieb eines Pop-Up Stores, einer Pop-Up Gastronomie, eines Kunstkaufhauses sowie von sechs neuen Ladenkonzepten (Stand: Juni 2021).
  • Strategische Einbindung: Bestandteil des großangelegten Beteiligungsprozess „Zukunft Hanau“

Zielstellung

Was wollen wir erreichen?

  • Belebung der Innenstadt durch Ansiedlung von neuen und überraschenden Konzepten
  • Einflussnahme auf die Immobilienentwicklung in der Innenstadt

Projektbeschreibung

Was ist unser Projekt? Worum geht es?

Das Stadtentwicklungsprogramm „Hanau aufLADEN“ verfolgt unbürokratische Lösungen, um Leerstände zu füllen und den Bestand in der Innenstadt mit spannenden Konzepten aufzuwerten. Mit einem breiten Maßnahmenpaket wird die Entfaltung neuer Geschäftsideen aus Handel und Gastronomie unterstützt. Geboten werden spannende Räume für Pop-Up-Pioniere, Hands-on-Beratung, belastbare Netzwerke und Förderinstrumente:

  • Vermittlung von Räumlichkeiten für Pop-Up-Stores und Pop-Up-Gastronomie. Begleitung der Umsetzung bis zum laufenden Geschäft.
  • Eröffnung des „Tacheles KunstKaufLADEN“ in Betreiberschaft der Hanau Marketing GmbH. In ungewohnter Atmosphäre werden hier mehr als 1.300 Werke regionaler Künstlerinnen und Künstler auf Provisionsbasis verkauft. Als Ort der Begegnung bietet das Kunstkaufhaus zudem Atelierräume für Künstler, es finden Workshops und Lesungen statt.
  • Mit der „Hanau aufLADEN Starterhilfe“ erhalten Neueröffnungen aus Handel und Gastronomie für 18 Monate einen monatlichen Mietkostenzuschuss von 500 Euro sowie einmalig 1.000 Euro für Marketingmaßnahmen.
  • „Hanau aufLADEN Upgrade“ bietet Kurse und betriebsindividuelle Coachings zur Verbesserung der Online-Sichtbarkeit von Handel und Gastronomie.

Ein Schlüssel zur Umsetzung ist die 2019 von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Vorkaufsrechtsatzung. Ziel ist es nicht, dass die Stadt hierüber jede Innenstadtimmobilie erwirbt, sondern dass sie frühzeitig in den Dialog mit Verkäufer und potenziellem Käufer kommt, um bezüglich Nutzungsmöglichkeiten, Mietkonditionen etc. zu vermitteln.

Projekt-Fahrplan

Wie sind wir vorgegangen?

  • März 2019: Bürger-Wochenende im Rahmen des Beteiligungsprozesses „Zukunft Hanau“, in dem gemeinsam mit der Bürgerschaft eine Vision für die Zukunft Hanaus entwickelt wurde. Die Workshop-Ergebnisse bildeten die Basis zur Entwicklung von „Hanau aufLADEN“.
  • Dezember 2019: Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zur Vorkaufsrechtssatzung für die Innenstadt
  • Januar/Februar 2020: Ausarbeitung des „Maßnahmenbündels zur Verstetigung der Innenstadtentwicklung“ und Entwicklung der Kampagne „Hanau aufLADEN“
  • 19. Februar 2020: Terroranschlag in Hanau; Verschiebung der für den 20. Februar geplanten Veröffentlichung des Programms „Hanau aufLADEN“
  • September 2020: Eröffnung des ersten Pop-up-Stores „Hanau aufLADEN“ mit dem Untermieter „VON & ZU – Lifestyle für Hunde“ (Öffnungszeitraum: 10.09.-31.01.2021) und Veröffentlichung des Programms „Hanau aufLADEN“
  • 8. Oktober 2020: Eröffnung der ersten Pop-up-Gastronomie „Wirtschaft im Hof“ (nach 4-wöchiger Betriebsphase aufgrund der Pandemie wieder eingestellt; soll erneut geöffnet werden)
  • Januar 2021: Verhandlung mit neuem Immobilienbesitzer des leerstehenden Schuhhauses Dielmann (400 Quadratmeter in 1a-Lage)
  • Januar 2021: Genehmigung des Magistrats für das Förderprogramm „Hanau aufLADEN Upgrade“ zur Verbesserung der Online-Sichtbarkeit von Handel und Gastronomie
  • Februar 2021: Genehmigung des Magistrats für das Förderprogramm „Hanau aufLADEN Starterhilfe“. Mit dem Gesamtbudget von 100.000€ können zehn neue Geschäftsideen mit je bis zu 10.000 Euro (Mietkosten- und Werbezuschuss) unterstützt werden.
  • März 2021: Genehmigung des Magistrats für den „Tacheles KunstKaufLADEN“ in den Räumlichkeiten des ehemaligen Schuhhauses Dielmann in Betreiberschaft der Hanau Marketing GmbH
  • März 2021: Wiedereröffnung des Pop-up-Stores „Hanau aufLADEN“ mit dem zweiten Untermieter „Vollkonzept“. (Öffnungszeitraum: 01.03.-31.08.2021)
  • April 2021: Eröffnung eines Comic-Künstler-Ateliers in dem ersten Gebäude, das die Stadt im Rahmen der Vorkaufsrechtssatzung erworben hat
  • Mai 2021: Genehmigung des Magistrats, dass die ersten drei Geschäftskonzepte die „Hanau aufLADEN Starterhilfe“ erhalten (Lederfachgeschäft „Lederschatulle“, Feinkostladen „Il Delicato“, peruanische Bar „Doña Eva“)
  • Juni 2021: Eröffnung des „Tacheles KunstKaufLADEN“
  • Juni 2021: Drei weiteren Geschäftskonzepten wird die „Hanau aufLADEN Starterhilfe“ zugesprochen – insgesamt wurden 2021 sieben Geschäftskonzepte durch die „Newcomer Starterhilfe“ gefördert. Das Förderprogamm wird 2022 fortgeführt.
  • Februar 2022: Beschlussfassung der Stadtverordnetenversammlung, ein Traditions-Spielwarengeschäft in der Innenstadt ab dem 1. Juli 2022 übergangsweise zu übernehmen, da bislang kein Nachfolger für die scheidenden Betreiber gefunden werden konnte. Die städtische Bauprojekt GmbH kauft das Gebäude mit Ladengeschäft, die Hanau Marketing GMBH sichert sich die Namensrechte Spielwaren Brachmann und mietet die 300 Quadratmeter bei der Bauprojekt GmbH an. Personal und Warenbestand werden übernommen. Geplant ist, einen Storemanager einsetzen. Parallel dazu geht die Suche nach einem endgültigen Nachnutzung weiter, auch neue innenstadtgeeignete Misch-Konzepte sind dabei möglich.
  • Weiter geplant, aber auf unbestimmte Zeit verschoben wurde die Gründung eines Fonds, über den finanzstarke Bürger*innen den Erwerb von Schlüsselimmobilien in der Innenstadt durch die Stadt Hanau unterstützen und davon auch finanziell profitieren können.

Partnerschaften

Wer war mit im Boot?

Stadtverwaltung; Einzelhandel; Hotellerie/Gastronomie; Dienstleistungsunternehmen; Industrie- und Gewerbeunternehmen; Innerstädtische Einkaufszentren; Kammern und Verbände; Immobilieneigentümer; Finanzdienstleister; 

Konkret: Hanau Marketing Verein (Zusammenschluss von Hanauer Händlern, Gastronomen und Dienstleistern); IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern; Einzelhandelsverband Hessen-Süd; Haus & Grund; Stadt Hanau; Lenkungsgruppe Handel der Stadt Hanau; Wirtschaftsförderung der Stadt Hanau; Sparkasse Hanau; Baugesellschaft Hanau; Forum Hanau/HBB

Aufwände

Finanziell:
Für das Programm „Hanau aufLADEN“ ist ein jährliches Finanzvolumen von rund 500.000 Euro eingeplant (ohne Immobilienerwerb).

In 2021 entfallen davon ca. 250.000 Euro auf Ausstattung und Personal für den „Tacheles KunstKaufLADEN“. Zudem werden 100.000 Euro für das Programm „Hanau aufLADEN Starterhilfe“ bereitgestellt. Weitere Kosten fallen für die Anmietungen von Flächen an, die danach an Pop-up-Konzepte zu einem vergünstigten Preis weitervermietet werden.

Flankiert werden alle Maßnahmen durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit mit eigener Homepage, Social-Media-Kanälen u.ä., was 50.000 bis 100.000 Euro kostet.

Mit rund 100.000 Euro wird das Programm „Hanau aufLADEN Upgrade“ veranschlagt, das allerdings aus einem Corona-Hilfsmittel-Topf finanziert wird.

Personell:
Das Projekt wird von drei bestehenden Mitarbeitern der Hanau Marketing GmbH sowie der Stadt Hanau gestemmt. Für den Betrieb des „Tacheles KunstKaufLADEN“ werden drei neue Vollzeitstellen geschaffen. Hinzugezogen werden diverse externe Dienstleister, insbesondere für den Ladenbau sowie die Öffentlichkeitsarbeit.

Gut zu wissen

Unsere Tipps für Nachahmer

Der Schlüssel zu dem Projekt ist die Vorkaufssatzung für die Innenstadt. Über diesen Hebel ist es möglich geworden, frühzeitig mit Verkäufer*innen und potenziellen Käufer*innen in den Dialog zu kommen, um möglichen Fehlentwicklungen vorbeugen oder gemeinschaftlich neue Ideen entwickeln zu können. Dieses Instrument erfordert aber auch die Bereitschaft, im Zweifel den juristischen Weg zu beschreiten und auch auszuhalten. Heißt: Wo sich ein*e Verkäufer*in und Käufer*in nicht auf den konstruktiven Dialog einlässt und seitens der Stadt Bedenken hinsichtlich der neuen Nutzung bestehen, muss die Stadt auch ihr Vorkaufsrecht ausüben können – sowohl finanziell als auch politisch abgesichert. Denn in der Regel landen derartige Fälle dann vor Gericht. Ist diese Position klar abgesteckt, erweisen sich neue Käufer*innen als überwiegend gesprächsbereit und unterstützen dann auch schnell neues Denken. Hier sind gute Netzwerke und ein Vertrauensverhältnis gegenüber der Immobilienwirtschaft zwingende Voraussetzungen.

Klar ist dabei für die Kommune: Sie braucht finanziellen Spielraum und weitere Geldgeber*innen aus der Privatwirtschaft. Diese lassen sich nur gewinnen, wenn ihnen das große Ziel klar ist und sie sich damit identifizieren können. Dafür braucht es wiederum kluge Konzepte zur Neunutzung (Pop-ups, Förderprogramme) sowie eine intensive Öffentlichkeitsarbeit.