Königslutter am Elm: MachBar

Kategorie:

Stadtgestaltung und Immobilien

Organisation und Zusammenhalt

Standortförderung und Leerstand

Einwohnerzahl: 15.800
Bundesland: Niedersachsen
Jahr der Umsetzung: seit 2021
Projektvolumen: bis 50.000 Euro

Warum Best Practice?

  • Identifikation: Bürger*innen gestalten die Stadt mit ihren Impulsen und Projekten. Ganze 400 Ideen wurden gesammelt. Kleine Interventionen schaffen Lebensqualität in der Innenstadt.
  • Strategische Einbindung: entstanden aus der Initiative „Kleinstadtexperten“. Machbar ist die physische Anlaufstelle, an der Innenstadtvisionen entstehen.
  • Vernetzung: bringt Bürgerschaft, Verwaltung und Politik zusammen

Zielstellung

Was wollen wir erreichen?

  • Neue Kommunikationskanäle zwischen den wesentlichen Akteursgruppen der Innenstadtentwicklung öffnen.
  • Einen neutralen, niedrigschwelligen Begegnungsraum außerhalb der etablierten Angebote schaffen, um die gewohnten Bahnen zu verlassen.
  • Verständnis für die gegenseitigen Zwänge und Bedürfnisse wecken, um Projekte gemeinsam zum Erfolg zu führen.

Projektbeschreibung

Was ist unser Projekt? Worum geht es?

Die MachBar ist ein Anlaufpunkt für Menschen in Königslutter am Elm, die sich für die Entwicklung der kleinen Stadt interessieren und sie mit ökonomisch und sozial tragfähigen Projekten nachhaltig verändern.

Ein nicht genutztes Ladengeschäft in der Fußgängerzone wurde mit wenig Aufwand hergerichtet. Entstanden ist ein flexibel nutzbarer Treffpunt, der 62 Quadratmeter groß ist und ein Schaufenster hat, dass vielfältig bespielt wird.

Hier wird diskutiert, wo in einer Innenstadt, die viel Leerstand aufweist, neue Dinge realisiert werden können. Dies geschieht in offenen Treffen jeden Donnerstagabend, als Live-Stream Event oder in Workshops. Projektbezogen finden sich Akteursgruppen zusammen. Aus dem Engagement von Ehrenamtlichen wirken zahlreiche Projekte in die Innenstadt hinein: die Stadtzeitung wurde neu aufgelegt, ein digitaler Veranstaltungskalender zeigt, was in Königslutter los ist, Jugendliche entwerfen Zukunftskonzepte für die Innenstadt. Durch den engen Draht der Initiative zur Politik finden die gesetzten Impulse schnell Einfluss in die reale Stadtentwicklung.

Die MachBar ist jeden Donnerstag für den Austausch geöffnet. Der Schlüssel ist aber auch unter der Woche im benachbarten Laden abzuholen. So stehen die Arbeitsplätze rund um die Uhr für Coworking zur Verfügung, eine Musikschule gibt hier Unterricht und die Räumlichkeiten können für Veranstaltungen gemietet werden.

Projekt-Fahrplan

Wie sind wir vorgegangen?

Die Stadt Königslutter am Elm hat im Jahr 2019 ein Entwicklungskonzept beschlossen. Darin wurde als übergeordnetes Ziel der Wunsch festgeschrieben, die Lebensqualität am Ort zu erhöhen und die Innenstadt aufzuwerten. Auf dieser Basis erarbeitet nun die Initiative „Kleinstadtexperten“ unter Moderation des Büro InD initialdesign Berlin über einen Zeitraum von drei Jahren in einem Reallabor experimentelle Strategien der Innenentwicklung. Darin werden Bürger*innen begleitet, neue Ansätze für Königslutter zu entwickeln. Die MachBar ist ein Ergebnis dieser Arbeit. Sie ist Ausgangspunkt für den offenen Dialog und die Umsetzung von innenstadtrelevanten Projekten.

Februar 2021: Projektstart und organisatorische Vorarbeiten

März 2021: Ein Arbeitsplan wird konzipiert. Das Projekt erhält den Arbeitstitel „Ratsch.Bude“.

März 2021 – Mai 2021:

  • Umsetzung der „digitalen Mittagstische“, um trotz coronabedingten Einschränkungen neue Ideen aus der ganzen Bundesrepublik nach Königslutter zu tragen. In vier jeweils einstündigen Terminen mit jeweils 30 bis 50 Zuhörern werden acht Beispielprojekte vorgestellt.
  • Aufnahme erster Projektideen aus der Bürgerschaft durch offene Gespräche auf dem Wochenmarkt, im Netz und in den sozialen Medien.
  • Namensdiskussion „Ratsch.Bude“ in der Öffentlichkeit

Juni 2021: Standortfindung und Renovierung einer leerstehenden Ladenfläche mit Hilfe des Bauhofs der Stadt.

Juli 2021 – August 2021:

  • Ausschreiben eines Namenswettbewerbs auf Facebook. Der Namen „MachBar“ setzt sich durch.
  • Erstmalige Nutzung des Schaufensters als Informationsplattform (Print + Screen u.a. mit digitalem Veranstaltungskalender)

September 2021:

  • Eröffnung der MachBar mit einem Umtrunk in der Westernstraße und Einladung an die Politik, sie zu besuchen.
  • Besuch der Europaministerin Barbara Honé in der MachBar.

Seit Eröffnung werden in der MachBar in regelmäßigen Terminen am Donnerstagabend gemeinsam mit Bürger*innen, Initiativen, Politik und Verwaltung konkrete Projekte entwickelt. Das Engagement mehrerer Arbeitsgruppen führen zur Umsetzung folgender Projekte:

  • Gründungsförderung: die MachBar spricht ansiedlungswilligen Einzelhandel bzw. Gründer*innen an, unterstützt und moderiert in der Gründungsphase. Erfolg: Ein Fahrradladen siedelt sich im März 2022 in der Innenstadt an.
  • Vermittlung von verfügbaren Flächen an Nutzungsinteressenten zur Einrichtung sozialer Angebote.
  • Fördermittelakquise: Fördermittelberatung mit Interessenten aus Einzelhandel und Gewerbe. Eingeworben werden durch Teilnehmer*innen der MachBar Mikroförderungen der Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Nach Vorarbeit aus der MachBar bewirbt sich die Stadt erfolgreich um 350.000 Euro Mittel aus dem Corona-Hilfsfond „Perspektive Innenstadt. Engagierte der MachBar vertreten die Stadt Königslutter bei der Entwicklung eines Regionalplans als Voraussetzung für die Teilnahme an LEADER-Prozessen.
  • Workshop zur Einbindung von Jugendlichen in die Innenstadtentwicklung. Konzeption neuer Angebote für die Innenstadt im Bereich Sport und Jugend.
  • Die Fußgängerzone der Stadt wird auf Betreiben der MachBar und mit Unterstützung der Stadt für Fahrradfahrende geöffnet. Zusätzliche Fahrradstellplätze werden in der Innenstadt eingerichtet.
  • Als „lebende Jukebox“ spielen Engagierte der MachBar im Dezember 2021 Weihnachtslieder in der Innenstadt und sammeln damit Spenden für einen neuen Basketballkorb am Jugendzentrum.
  • Die Funktionen der MachBar wird im März 2022 in Richtung „Coworking“ erweitert.
  • Neuauflage der Stadtzeitung „Stadtbüttel“ zur Verbesserung des Informationsflusses seit April 2022 (Einstellung 1,5 Jahre zuvor). Die Redaktion rekrutiert sich aus Ehrenamtlichen in der MachBar.

Um während der pandemiebegründeten Einschränkungen weiterhin den Dialog zu ermöglichen, reorganisiert sich die MachBar zu einem lokalen Sender: „Live aus MachBar“ geht als Hybridveranstaltung im ZOOM-Format erstmals am 3. Februar 2022 auf Sendung.

Bisher ist die MachBar eine Initiative, die noch keine organisatorische Form gefunden hat. Um die nötige Offenheit zu gewähren, hat die Stadt keinerlei Einfluss. Im Verlauf des Jahres 2022 soll die MachBar in einen bestehenden Verein integriert bzw. als juristische Person (Verein) aufgestellt werden.

Partnerschaften

Wer war mit im Boot?

Stadtverwaltung; Einzelhandel; Vereine; Immobilieneigentümer; Bürgerschaft; Sonstige

Konkret:

Bürgermeister; Fachbereich Bau; Fachbereich Ordnung und Soziales; Werbegemeinschaft Königslutter Aktiv; InD initialdesign Berlin (externe Moderation); Bürgerschaft; Turn- und Sportverein TSG Königslutter; Immobilieneigentümer; Politik (SPD, CDU, Die Grünen)

Aufwände

Finanzen:

Für den Aufbau der Machbar und den Betrieb innerhalb des ersten Jahres sind folgende Kosten angefallen:

  • Externe Moderation: 17.500 EUR
  • Organisatorische Vorarbeiten: 2.000 EUR
  • Möblierung und Einrichtung: 8.000 EUR
  • Aufbau und Hosting der Webpräsenz: 2.500 EUR
  • Pflege und Betreuung Soziale Medien: 2.500 EUR
  • Internetanschluss + laufende Kosten für 24 Monate: 1.000 EUR
  • Druckkosten: 500 EUR
  • Hardware: 170 EUR FritzBox (Screens etc. sind von Bürger*innen ausgeliehen)
  • Catering: 250 EUR (Eröffnungsveranstaltung, Weihnachts-JukeBox)
  • Energiekosten

Die MachBar erhält vom Programm „Zukunftsräume“ des Landes Niedersachsen 90% Förderung.

Personal:

Die Moderation und Organisation wurde an das externe Büro InD initialdesign Berlin ausgelagert. Seit ihrer Eröffnung betreut es die MachBar mit einem Zeitbudget von einem halben Tag in der Woche.
Unterstützungsleistungen durch den Bauhof in der Einrichtung und Zwischenlagerung von Möbeln belaufen sich auf ca. 16 Stunden. Ein regelmäßiger ein- bis zweiwöchentlicher Austausch mit dem Bürgermeister und der Leitung der Stadtentwicklung dauert im Schnitt 45 Minuten.

Gut zu wissen

Unsere Tipps für Nachahmer

  • Um eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu organisieren, müssen alle Beteiligten akzeptieren, dass es in einer gemeinsamen Projektentwicklung für die Innenstadt unterschiedliche Sichtweisen, Ziel- und Zeitvorstellungen gibt. Zusammenarbeit kann von der Bewohnerschaft, der Verwaltung oder der Politik aber nicht delegiert werden, sie muss stattdessen moderiert werden und erfordert Beteiligung. Idealerweise kommt die Moderation von außen, um Neutralität zu gewährleisten.
  • Die Projekte, die in MachBar entstehen, dürfen nicht zu groß sein, denn das ehrenamtliche Engagement, das sich hier bündelt, kann nur „nebenher“ aktiv werden. Um das Engagement zu erhalten und zu motivieren, ist Erfolg von zentraler Bedeutung. Erfolg entsteht, wenn sich kleine Projekte realisieren.
  • MachBar geht ergebnisoffen an die Arbeit. Sie identifiziert Ziele gemeinsam mit den Menschen, die sich engagieren. Vorgefertigte Projekte stoßen dabei oft auf Widerstand. Das heißt nicht, dass sie nicht eingebracht werden können. Sie werden sich aber verändern. Die Offenheit, die im Prozess angelegt ist, braucht deswegen die Bereitschaft von Politik und Verwaltung diese Unsicherheit auszuhalten.