Ortenaukreis: Mobilitätsnetzwerk

Kategorie:

Mobilität und Erreichbarkeit

Organisation und Zusammenhalt

Einwohnerzahl: 250.000
Bundesland: Baden-Württemberg
Jahr der Umsetzung: seit 2019
Projektvolumen: mehr als 100.000 Euro

Warum Best Practice?

  • Partnerschaft: regionaler Kommunalzusammenschluss schafft als bundesweit erster seiner Art gemeinsames Handeln Synergien in der Verkehrswende
  • Vorreiter: aufeinander abgestimmte, multimodale Mobilitätsangebote fördern ein nachhaltiges Verkehrsverhalten der Menschen in der Region

Zielstellung

Was wollen wir erreichen?

  • Nahmobilitätsangebote schaffen, die echte Alternativen zum motorisierten Individualverkehr bieten
  • CO2-Emissionen einsparen
  • Lebensqualität der Bürger*innen bewahren und verbessern

Projektbeschreibung

Was ist unser Projekt? Worum geht es?

Deutschlands erstes vom Bund gefördertes Mobilitätsnetzwerk ist ein kommunaler Zusammenschluss von 14 Städten und Gemeinden aus der Ortenau. Koordiniert durch ein gemeinsames Netzwerkmanagement entwickeln die Mitgliedskommunen nachhaltige Mobilitätsangebote für die Region. Dabei setzen sie drei Schwerpunkte:

Mobilitätsstationen mit Sharing- und Leihsystemen

Nach dem Motto „Teilen statt Besitzen“ werden Mobilitätsstationen eingerichtet, die den Nutzenden den Umstieg vom privaten Pkw auf klimafreundliche Mobilität erleichtern. Sie umfassen je nach Größe und Standort eine ÖV- oder SPNV (Schienen Personen Nahverkehr)-Haltestelle, ein Fahrradverleihsystem mit Stadträdern und Pedelecs sowie E-Carsharing. In der Netzwerkkommune Stadt Offenburg existierten bereits Mobilitätsstationen. Bis 2030 sollen in der gesamten Region sukzessive insgesamt 150 errichtet werden.

Gemeindeübergreifender Radverkehr bei verstärkter Nutzung der E-Mobilität

Damit die Sharing-Angebote und insbesondere der Radverkehr gefördert werden, hat sich das Mobilitätsnetzwerk zum Ziel gesetzt, das Radwegenetz zwischen den Kommunen zu analysieren, zu sanieren und auszubauen. Es will sichere und komfortable Radwege für den interkommunalen Pendel- und Freizeitverkehr schaffen. Für die Radinfrastruktur wurden Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet, die gemeinsam umgesetzt werden. Dazu gehört die Schaffung von Querungsmöglichkeiten, Beschilderung und Beleuchtung auf Radvorrangrouten für Pendelnde.

App-basierte Vernetzung der Angebote der Nahmobilität

Die Einführung einer Mobilitäts-App soll das Mobilitätserlebnis der Menschen vor Ort abschließen und alle Mobilitätsangebote bündeln. Bürger*innen sowie Vertreter*innen aus Politik und Wirtschaft beteiligten sich in einem Partizipationsprozess an der Erstellung des Anforderungskatalogs. Die App wird ab 2023 vom Ortenaukreis eingeführt.

Das Mobilitätsnetzwerk Ortenau macht seine Arbeit mit einer umfassenden Öffentlichkeitsarbeit bekannt. Im Rahmen der Etablierung der ersten Mobilitätsstationen wurde die Marke EinfachMobil entwickelt. Sie vereint nun alle Elemente der öffentlichen Mobilität: die Mobilitätsstationen, die Leihfahrzeuge und die Fahrradinfrastruktur. Des Weiteren werden im Rahmen des Mobilitätsnetzwerks der gegenseitige Austausch und fachliche Beratung gefördert.

Projekt-Fahrplan

Wie sind wir vorgegangen?

  • Februar 2018: Gespräche mit Kommunen im Rahmen der Gewinnungsphase für ein Ressourceneffizienznetzwerk
  • Dezember 2018: Fördermittelzusage
  • Februar 2019: Erstes Netzwerktreffen mit Definition der inhaltlichen Themenschwerpunkte (Mobilitätsstationen, Radwege/BMM, Mobilitäts-App)
  • April 2019: Unterzeichnung GbR-Vertrag
  • April 2019: Webseite geht online
  • Juni 2019: Auswahl der Fachbüros zur Erarbeitung der Themenschwerpunkte
  • Seit Januar 2020: Landkreis Ortenaukreis nimmt regelmäßig an 2-wöchigen Abstimmungstreffen des Mobilitätsnetzwerks teil
  • Februar – Oktober 2020: Potenzialanalysen, Akteursbeteiligung und Workshops zu den Themenschwerpunkten
  • Oktober 2020: Übergabe Anforderungskatalog für die „Mobilitäts-App“ an den Ortenaukreis
  • Oktober 2020 – andauernd: Sammlung von Kooperationsmöglichkeiten mit Unternehmen im betrieblichen Mobilitätsmanagement und Ideen zur Verbesserung der Radwegeinfrastruktur
  • November 2020 – April 2021: Zusammenarbeit mit dem Deutschem Institut für Urbanistik zur Findung einer neuen Gesellschaftsform
  • Dezember 2020: Standortkonzept für Umsetzung der Mobilitätsstationen
  • Februar – April 2021: 10 positive Gemeinderatsbeschlüsse zur Darstellung des weiteren Vorgehens zum Ausbau der Mobilitätsstationen
  • September 2021: Finanzierung der Mobilitäts-App sichergestellt: Mittelbereitstellung durch Landratsamt Ortenau und Förderung des Landesverkehrsministeriums
  • Dezember 2021 – Februar 2022: Oberkirch, Achern, Seelbach und Schwanau treten dem Netzwerk als assoziierte Partnerkommunen bei
  • Juni – September 2022: Beschlussfassung in kommunalen Gremien zur Mittelbereitstellung für den Bau der Mobilitätsstationen
  • März 2022: Bestätigung der (Fördermittel-)Programmaufnahme für den Bau der ersten Stationen (LGVFG Baden-Württemberg)
  • April – November 2022: Vorbereitung der Ausschreibungsunterlagen für Bike- und Carsharing und weitere Komponenten an Stationen
  • November 2022: Gründung der AöR: Vereinfachung von Förderantragsstellungen sowie die Ausschreibung und Vergabe als kommunaler Zusammenschluss und somit Umsetzungsbeschleunigung
  • November 2022: Förderantragsstellung (LGVFG) für den Bau der Stationen ab 2023
  • November/Dezember 2022 – März 2023: Verkehrsanlagenplanung an Standorten der Mobilitätsstationen sowie Ausschreibung und Vergabe der Verleihsysteme und Komponenten der Stationen
  • Frühjahr 2023: Testphase für landkreisweite Mobilitäts-App beginnt
  • Sommer 2023: Errichtung und Inbetriebnahme der ersten Mobilitätsstationen

Partnerschaften

Wer war mit im Boot?

Stadtverwaltung; Dienstleistungsunternehmen; Bürgerschaft

Konkret:

Mitgliedskommunen: Offenburg, Kehl, Lahr, Gengenbach und Rheinau; Appenweier, Willstätt, Friesenheim, Neuried, Schutterwald, Oberkirch, Achern, Seelbach und Schwanau

Netzwerkmanagement: endura kommunal GmbH

Fachbüros: Inovaplan GmbH, ISME – Institut Stadt|Mobilität|Energie, Greencity Experience, DIfU – Deutsches Institut für Urbanistik, WerkStadtMobilität
Rechtsberatung: Sterr-Kölln & Partner mbB

Aufwände

Finanziell:

Die Gesamtkosten belaufen sich auf ca. 450.000 €. Möglich gemacht hat die Entstehung des Mobilitätsnetzwerks die auf drei Jahre ausgelegte Bundesförderung für „Kommunale Netzwerke“ (inzwischen Bestandteil der NKI) mit einer Förderquote von etwa 60%. Je nach Kommunengröße bringen die Mitgliedskommunen Eigenanteile zwischen 6.000 und 10.000 € p.a. ein. Dadurch steht jährlich ein Budget als Grundfinanzierung zur Verfügung. Davon werden bezahlt:

  • Fachbüros: Umsetzungsbegleitung der Mobilitätsmaßnahmen (Konzeption, Beratung, Potenzialanalysen, Netzwerkaufbau und -pflege)
  • Netzwerkmanagement: Organisation von Austauschtreffen, Fördermittelakquise, Informationsgespräche mit möglichen Betreibern der Mobilitätsangebote, Öffentlichkeitsarbeit, Koordination der vom Netzwerk beauftragten Fachplanungsbüros und Rechtsberater
  • Sachkosten: für Netzwerktreffen, Kartenmaterial, Honorare

Der Bau der Mobilitätstationen wird über investive Fördermittel (LGVFG) des Landes Baden-Württemberg unterstützt.

Personell:

Das Netzwerkmanagement wird von einem externen Dienstleistungsbüro (endura kommunal GmbH) gesteuert. Jede Kommune bestimmt eine*n Netzwerkbeauftragten, die beispielsweise im Hauptamt, bei der Wirtschaftsförderung oder der Verkehrsplanung angesiedelt sind. Ihr Zeitaufwand unterscheidet sich je Netzwerkkommune. Die Netzwerkbeauftragten aus Offenburg und Kehl wenden bspw. ca. 50 % ihrer Arbeitszeit für das Mobilitätsnetzwerk auf.

Gut zu wissen

Unsere Tipps für Nachahmer

Eine Herausforderung besteht darin, 14 Netzwerkkommunen zusammenzubringen. Das beginnt bei der Terminkoordination und endet bei zehn erforderlichen positiven Beschlüssen in den Gemeinderäten. Auf dem Weg dahin müssen alle Bürgermeister*innen und oft auch über die Netzwerkbeauftragten hinaus weitere Verwaltungsmitarbeitende überzeugt werden.
Insbesondere die Gemeinderatsbeschlüsse (z.B. um Haushaltsmittel für die kommende Umsetzungsphase der Mobilitätstationen einzustellen) sind von essenzieller Bedeutung. Ein negativer Beschluss würde bedeuten, dass die Zeitpläne überarbeitet oder im misslichsten Fall die betroffene Kommune nur noch eingeschränkt am Netzwerk teilnehmen könnte. Gerade deshalb ist die Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe wichtig und findet im Mobilitätsnetzwerk statt. Beispielsweise helfen die größeren Städte den Gemeinden mit geringerer Personalkapazität mit ihrem spezifischen Knowhow und unterstützen mit Vorträgen in den Gemeinderatssitzungen. Auch werden gemeinsam Mustervorlagen erstellt, die allen Netzwerkbeauftragten zur Verfügung stehen.