Ruhrgebiet: Tausche Bildung für Wohnen

Kategorie:

Organisation und Zusammenhalt

Events, Belebung und Frequenz

Standortförderung und Leerstand

Einwohnerzahl: Durchschnittlich 400.000
Bundesland: Nordrhein Westfalen
Jahr der Umsetzung: seit 2016
Projektvolumen: mehr als 100.000 Euro

Warum Best Practice?

  • Sozialer Zusammenhalt: an drei Standorten erhalten jährlich ca. 550 Kinder Lernförderung und Freizeitbetreuung durch 20 Bildungspat*innen. Die gesellschaftliche Teilhabe der Kinder und die Stadtteilidentität werden langfristig gestärkt.
  • Übertragbarkeit: das Modell ist über ein Social Franchise-System auf weitere Städte skalierbar. Die Eröffnung des vierten und fünften Standorts ist für 2022 geplant.

Zielstellung

Was wollen wir erreichen?

  • Chancen- und Bildungsgerechtigkeit in abgehängten Stadtteilen herstellen
  • Selbstbewusstsein der Bewohnerschaft segregierter Stadtteile stärken
  • Minderung von Leerstand, Revitalisierung und Aufwertung der Stadtteile

Projektbeschreibung

Was ist unser Projekt? Worum geht es?

Tausche Bildung für Wohnen e.V. stellt in benachteiligten Stadtteilen wie Duisburg-Marxloh, Gelsenkirchen-Ückendorf und Witten-Mitte mietfreien Wohnraum für engagierte junge Erwachsene zur Verfügung. Diese fördern als Bildungspat*innen die persönliche und schulische Entwicklung der Kinder des Quartiers. In den „Tauschbars“, den Wirkungsorten des Vereins, finden die Kinder ein zweites Zuhause.

Jeden September beginnt eine neue Generation von Bildungspat*innen. Der mietfreie Wohnraum steht sowohl für Bildungspat*innen im Bundesfreiwilligendienst (40 Stunden/Woche) als auch für Studierende und Auszubildende in Teilzeit (8 Stunden/Woche) zur Verfügung. Der Einsatz und die Wohndauer betragen üblicherweise ein Jahr, eine Verlängerung ist jedoch möglich. Weitere Ehrenamtliche engagieren sich, ohne in eine der WGs zu ziehen. Die Räumlichkeiten werden vom Verein erworben oder von Kooperationspartnern zur Verfügung gestellt.

Vormittags unterstützen die Bildungspat*innen Kinder in den umliegenden Schulen. Am Nachmittag betreuen sie eigene Gruppen von maximal fünf Kindern in den „Tauschbars“. Neben Sprach- und ganzheitlicher Lernförderung gestalten sie eine Freizeit- und Ferienbetreuung.

Gleichzeitig stellen die „Tauschbars“ einen Anlaufpunkt für alle Familien und Bewohner*innen des Quartiers dar. Dort werden Beratungen, Übersetzungshilfen und Unterstützung angeboten.

Durch dieses Tauschgeschäft entsteht eine Win-Win-Win-Situation für die Kinder, die Bildungspat*innen und den Stadtteil.

Projekt-Fahrplan

Wie sind wir vorgegangen?

2012: Gründung des gemeinnützigen Vereins Tausche Bildung für Wohnen e.V. und Auszeichnung der Projektidee mit dem hochdotierten Award „Act for Impact“.

Standortaufbau: Fahrplan am Beispiel von Standort Duisburg-Marxloh (Standort 1)
2013: Erwerb der Tauschbar-Immobilie Marxloh durch das Bistum Essen (Leerstand)
2014: Erwerb von zwei Wohnungen durch Tausche Bildung für Wohnen e.V. in unmittelbarer Umgebung zur Tauschbar (Leerstände)
2014: Renovierung der Immobilien durch Spendenfinanzierung
2015: Vernetzung mit Uni Duisburg-Essen, um Kontakt zu Studierenden als potenzielle Bildungspat*innen herzustellen
Januar 2015: Eröffnung der Tauschbar in Duisburg-Marxloh
August 2015: Einzug der ersten Bildungspat*innen-Generation
Juni 2016: Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe.

Standortaufbau: Fahrplan am Beispiel von Gelsenkirchen-Ückendorf (Standort 2)
Ende 2018: Kooperation mit der Stadterneuerungsgesellschaft Gelsenkirchen sowie Vivawest GmbH und mietfreie Überlassung einer Tauschbar-Immobilie sowie einer Wohnung.
Februar 2019: Vernetzung mit Stadtentwicklungsamt und Jugendamt
August 2019: Standorteröffnung und Einzug der ersten Bildungspat*innen-Generation
2021: dauerhafte Aufnahme einer vollen Stelle für die Standortleitung in den Haushaltsplan der Stadt Gelsenkirchen

Standortaufbau: Fahrplan am Beispiel von Witten-Mitte (Standort 3)
2020: Kooperation mit einem Bildungsträger und Nutzung von dessen Räumlichkeiten für Tauschbar- und Wohnimmobilie als Untermieter
2020: Vernetzung mit Jugendamt und Quartiersmanagement
Januar 2021: Vernetzung mit Uni Witten/Herdecke
Juli 2021: Einzug der ersten Bildungspat*innen-Generation
August 2021: Standorteröffnung

2021 wurden alle übergeordneten Steuerungsaufgaben für alle Standorte innerhalb einer Headquarter-Struktur zentralisiert.

Im August 2022 ist die Eröffnung eines vierten Standorts in Essen-Nord und eines fünften in Dortmund-Westerfilde geplant. Bisher betreibt der gemeinnützige Verein Tausche Bildung für Wohnen e.V. alle Standorte. Ab 2023 erleichterte ein neues Trägerschaftsmodell durch städtische Franchisenehmer*innen die weitere Skalierung.

Partnerschaften

Wer war mit im Boot?

Stadtverwaltung; Immobilieneingentümer; Stiftungen, Bürgerschaft

Konkret:

Jugendamt der Stadt Duisburg; GEBAG Duisburg (kommunale Wohnungsgesellschaft); EG DU Entwicklungsgesellschaft Duisburg mbH; SEG Gelsenkirchen (kommunale Stadterneuerungsgesellschaft); Kommunales Integrationszentrum Duisburg; Freiwilligendienste Bistum Essen; Amt für Kinder, Jugend und Familie, Stadt Gelsenkirchen; Amt für Jugendhilfe und Schule, Stadt Witten; Quartiersmanagement Dortmund Westerfilde

Förderpartner:

Stiftung Bürgermut, Berlin; Auridis Stiftung; Deutsche Postcode Lotterie; Gelsenwasser Stiftung; Haniel Stiftung; Evonik Stiftung; Dr. Ausbüttel (Unternehmensförderer)

Sonstige Verbandsmitglieder:

Paritätischer Wohlfahrtsverband; Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V.; Netzwerk Immovielien

Aufwände

Finanzen:

Für die Betreuung von durchschnittlich 90 Kindern durch 5-6 Bildungspat*innen und 1,5 Vollzeitstellen der Standortleitung fallen an einem Standort jährlich etwa 200.000 Euro Kosten an. Davon sind:

  • Personalkosten ca. 59%
  • Verwaltungs- und Gemeinkosten ca. 21%
  • Projekte ca. 11%
  • IT-/Wohnnebenkosten ca. 9%

Sie werden finanziert durch:

  • Stiftungen ca. 47%
  • Unternehmensförderungen ca. 20%
  • Bundes-/Landesfördermittel 11%
  • Leistungen aus BuT (Kommune) ca. 12%
  • Spenden ca. 10%

Personal:

Im Zeitraum von drei Jahren planten und eröffneten die zwei Gründer*innen den ersten Standort in Teilzeit. Seit 2020 wurde zur weiteren Skalierung eine Vollzeitstelle geschaffen. Die Angestellte konnte innerhalb eines Jahres zwei Standorte planen und aufbauen.

Wenn eine Kommune / ein Projektträger „Tausche Bildung für Wohnen“ umsetzen möchte, sollte daher eingeplant werden, dass zur Eröffnung eines Standortes eine in Vollzeit beschäftigte Person etwa sechs Monate benötigt (je nach Netzwerkstärke).

Gut zu wissen

Unsere Tipps für Nachahmer

Die Eröffnung weiterer Standorte außerhalb von NRW soll über ein Social Franchise-System unterstützt werden. Die gesammelte Erfahrung soll zukünftig an potenzielle Franchisenehmer*innen weitergeben werden. Einzelpersonen können sich durch die Teilnahme an der hierfür entwickelten Weiterbildung als Franchisenehmer*innen qualifizieren. Die Weiterbildungsprogramme befinden sich derzeit in der Pilotierungsphase und werden Ende 2022 fertiggestellt.
Alternativ kann ein Franchising mit „Tausche Bildung für Wohnen“ durch eine Institution / eine kommunale Stelle eigenständig erfolgen, wobei Tausche Bildung für Wohnen e.V. hierbei den Standortaufbauprozess beratend begleiten wird.