Coburg: Zwischenzeit Steinweg

Kategorie:

Standortförderung und Leerstand

Innovation im Handel

Stadtgestaltung und Immobilien

Einwohnerzahl: 41.800
Bundesland: Bayern
Jahr der Umsetzung: seit 2019
Projektvolumen: bis 100.000 Euro

Warum Best Practice?

  • Erfolgsmodell: Insgesamt 22 Zwischennutzungen wurden seit Ende 2019 in den zehn Zwischenzeit-Objekten auf 1.256 m² Fläche initiiert.
  • Partnerschaften und Vernetzung: „Zwischenzeit Steinweg“ vernetzt verschiedenste Akteure aus Coburg miteinander und stärkt damit den Gemeinschaftssinn.
  • Strategische Einbindung: Das Projekt ist in das Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) eingebunden.

Zielstellung

Was wollen wir erreichen?

  • Partizipative Stadtgestaltung zur innerstädtischen Belebung
  • Belebung und Aufwertung des Quartiers rund um den Steinweg
  • Stärkung und Sichtbarmachen von Vereinen, Studierenden, Kreativschaffenden und Jungunternehmer*innen

Projektbeschreibung

Was ist unser Projekt? Worum geht es?

Dem Coburger Quartier Steinwegvorstadt steht ein bedeutender Wandel bevor: Das Sanierungsgebiet wird von der Wohnbau Stadt Coburg GmbH als Sanierungsträger in den kommenden Jahren umfassend saniert. Entstehen wird ein lebendiges und sozial vielfältiges Quartier mit hoher Wohn- und Aufenthaltsqualität. Das Leerstandsprojekt „Zwischenzeit Steinweg“ greift temporäre Potentiale auf und heißt eine partizipative Stadtkultur in Coburg willkommen. Das Projekt wird durch die Stadtmacher Coburg getragen. Die Stadtmacher sind ein Zusammenschluss aus Citymanagement, Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Coburg mbH und der Wohnbau Stadt Coburg GmbH (WSCO).

Durch „Zwischenzeit Steinweg“ wächst die Vielfältigkeit und Kreativszene in der nördlichen Innenstadt schon jetzt. Sanierungsbedürftige Gewerbeflächen, die sich im Besitz der Stadt Coburg befinden und vor der Sanierung stehen, werden temporär vermietet. Seit Dezember 2019 bespielen wechselnde Zwischennutzer*innen die Ladenflächen – als Kreativraum, studentisches Co-Working, Korbmacherei, Streetwork-Büro, Umsonstladen oder Theaterspielstätte.

Die Zwischenzeit-Leerstände werden von der Wohnbau Stadt Coburg als Sanierungstreuhänder gegen ein geringes Nutzungsentgelt zur Verfügung gestellt. Interessierte haben die Möglichkeit, sich ohne weitreichende wirtschaftliche Risiken auszuprobieren. Je nach Zustand des Gebäudes stehen die Erdgeschossflächen oder auch nur die Schaufenster zur Verfügung. Eine Nutzungsvereinbarung zwischen Eigentümer*in und Nutzer*in regelt Nutzungsdauer, Flächennutzung, Entgelt, Energieversorgung, Versicherung und Übergabe. Die Flächen sind durch eine einheitliche Beklebung am Schaufenster erkennbar und lassen sich bei einem Spaziergang rund um den Steinweg erkunden.

Projekt-Fahrplan

Wie sind wir vorgegangen?

Eine Anfrage der Mitglieder des Vereins „Transition Coburg e.V.“ im Herbst 2019, die für ihren Umsonstladen auf der Suche nach einer temporären Räumlichkeit in der Innenstadt waren, führte zur Idee, die leerstehenden Läden im Sanierungsgebiet Steinwegvorstadt für genau solche Anfragen gegen ein geringes Nutzungsentgelt bereitzustellen. Nach einem Presseaufruf im Sommer 2020 zeigte sich, dass die Nachfrage nach Pop-Up Nutzungen durch Kreativschaffende, Vereine und Studierende groß ist. Sukzessive wurden alle freistehenden Zwischenzeit-Ladenlokale im Sanierungsgebiet zwischengenutzt und mit Leben gefüllt. Das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“ entstand als eine gemeinschaftliche Idee der Wohnbau-Abteilungen Öffentlichkeitsarbeit, Vertrieb und Sanierung.

  • April 2020: Launch der Projektseite; laufende Aktualisierung
  • Juni 2020: einheitliche Schaufenster-Beklebung der Zwischenzeit-Objekte mit Aufruf zum Partizipieren; Förderung über einen Quartiersfonds für die Sanierungsgebiete in der Innenstadt von Coburg vom Bund-/Länder-Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“
  • 22. Juni 2020: Presseaufruf zur Suche nach interessierten Zwischennutzer*innen; seit dem laufende Öffentlichkeits- und Pressearbeit zur Kommunikation besonderer Meilensteinen oder zur Bewerbung freier Zwischenzeit-Flächen
  • Dezember 2020: Anbringung einer Infotafel im Quartier  über das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“ und die Sanierungsvorhaben
  • Seit 2021: Einbindung der Zwischennutzer*innen bei Veranstaltungen, Straßenfesten und Innenstadtevents der Wohnbau Stadt Coburg und der Stadtmacher
  • Mai 2021: Anerkennung beim Bundespreis „kooperative Stadt“ durch die Nationale Stadtentwicklungspolitik für das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“
  • Januar 2022: Anbringung diverser Infotafeln im Quartier über das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“ und die Sanierungsvorhaben
  • 20. – 28. Januar 2022: „Licht im Lohgraben“ – Illuminationen an den Sanierungsgebäuden mit Licht-Entdeckertouren über die Sanierungsmaßnahmen und über das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“
  • Mai 2022: Evaluation des Projekts über eine Umfrage an die Zwischennutzer*innen
  • 16. Mai 2023: Aufsichtsratsbeschluss der Wohnbau Stadt Coburg über den Verzicht auf ein monatliches Nutzungsentgelt für studentische Zwischennutzungen (Ausnahme: Kosten für Strom und Heizung bzw. Kosten für Internet und Müllentsorgung bei Bedarf)
  • Juni 2024: Druck Projektflyer „Zwischenzeit Steinweg“
  • Ab 2025: Sukzessives Auslaufen des Projekts wegen beginnender Abbrucharbeiten und Sanierungen ; Fortführung der bereits laufenden Unterstützung und Beratung bei der Suche nach Pop-Up Stores und die Vermittlung an Leerstände privater Immobilienbesitzer*innen durch das Team der Stadtmacher

Partnerschaften

Wer war mit im Boot?

Stadtverwaltung; Einzelhandel; Vereine; Bürgerschaft

Konkret:

  • Stadtmacher Team: Citymanagement, Wirtschaftsförderung, Wohnbau Stadt Coburg (enge Zusammenarbeit und ständiger Austausch, Grafikgestaltung)
  • Wohnbau Stadt Coburg GmbH: Öffentlichkeitsarbeit, Sanierungsabteilung und Vertrieb  sowie Facility Management 
  • Stadt Coburg: Stadtbauamt der Stadt Coburg und Ordnungsamt (regelmäßige Updates und Koordination bei Bedarf)
  • Zwischennutzer*innen aus der Bürgerschaft: Studierende, Schüler*innen, Engagierte in Vereinen, Künstler*innen, Designer*innen, Handwerker*innen, Schauspieler*innen, Streetworker*innen
  • Coburger Designforum Oberfranken e. V.: Mit ihrem Projekt „Design findet Stadt“ hat das Coburger Designforum Oberfranken e. V. (CDO) über mehrere Jahre hinweg bis 2023 der Leerstandsproblematik im Einzelhandel entgegengewirkt. Ihre „Labore für neue Ladennutzungen“ haben kreativen Nachwuchskräften der Hochschule Coburg ein „Schaufenster“ für künstlerische Aktivitäten geboten. Die gewachsene Zusammenarbeit zwischen der WSCO und dem CDO hat jungen Kreativen aus dem Netzwerk des Vereins die Möglichkeit gegeben, ohne große Barrieren Zugang zu innerstädtischen Ausstellungsflächen zu erhalten.
  • Einzelhandel: Zum Teil werden Zwischennutzer*innen temporär zu Einzelhändler*innen; zudem Austausch und Vernetzung mit bestehenden Einzelhändler*innen bei Straßenfesten oder Innenstadtveranstaltungen

Aufwände

Finanziell:

Das Gesamtprojektvolumen kann untergliedert werden in folgende Bestandteile:

  • Personalkosten: ca. 85.000 € (März 2020 – März 2024)
  • Grafikgestaltung der Schaufenster-Beklebung der Zwischenzeit-Flächen: ca. 800 €
  • Druck und Montage der Schaufenster-Beklebung: ca. 2.000 €
  • Grafikgestaltung Infotafeln „Zwischenzeit Steinweg“: ca. 1.500 €
  • Druck und Montage Infotafeln „Zwischenzeit Steinweg“: ca. 1000 €
  • Druck Flyer: ca. 200 €

Hinzu kommen Kosten für technische Prüfungen und Instandhaltungen der Zwischenzeit-Objekte durchs WSCO Facility Management, die nicht in der Verantwortung des/der Zwischennutzer*in liegen. Teilweise würden diese Kosten auch ohne das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“ zustande kommen, da technische Prüfungen und Instandhaltungen z. B. als Frostschutzmaßnahme auch bei Leerständen durchgeführt werden.

Die Kosten des Projektes wurden in den Jahren von 2019 bis 2022 zu 95 % durch Eigenmittel der Wohnbau Stadt Coburg und ab 2023 – mit Etablierung des Integrierten Innenstadtmanagements (Stadtmacher) – durch Eigenmittel der Stadt Coburg finanziert. Die restlichen 5 % des Gesamtprojektvolumens werden im Rahmen der Städtebauförderung gefördert. Die Förderung bis Ende 2020 lief über das Programm „Soziale Stadt“. Seit 2021 läuft die Förderung über das Städtebauförderungsprogramm „Lebendige Zentren“.

Personell:

Durch die Wohnbau Stadt Coburg GmbH wurde im März 2020 zunächst eine befristete Vollzeitstelle (38 Wochenstunden) in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit geschaffen, die als Projektmanagement für „Zwischenzeit Steinweg“, aber auch für andere partizipative Quartiersprojekte in den Sanierungsgebieten tätig ist. Über die bisherigen vier Jahre von März 2020 bis Februar 2024 sind ca. 50 % der Arbeitsstunden dieser Vollzeitstelle ins Projekt „Zwischenzeit Steinweg“ geflossen.

Diese Stelle wurde nach einem Jahr entfristet und 2021 mit der Etablierung des „Integrierten Innenstadtmanagements“ als Vollzeitstelle im Bereich Quartiersmanagement in der Projektgruppe Stadtmacher angesiedelt. Auch nach der zweijährigen Testphase der Stadtmacher und dem festen Einsatz des Teams unter dem Dach der Wohnbau ist die Vollzeitstelle ein Teil der Stadtmacher. Das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“ wird demnach seit 2021 durch die Stadtmacher geleitet. Der Aufgabenbereich der genannten Vollzeitstelle wurde seitdem durch Projekte, Veranstaltungen und Maßnahmen zur Belebung der Coburger Innenstadt (festgelegtes Gebiet nach ISEK Coburg, 2008) ergänzt.

Durch das vernetzte und ganzheitliche Arbeiten der Stadtmacher bestehen inhaltliche Überschneidungen im Stadtmacher Team. Anfragen von interessierten Zwischennutzer*innen werden intern weitergeleitet, lokales Wissen wird ausgetauscht und die Bälle werden einander zugespielt, wenn es um die Bereiche Einzelhandel, Geschäftsflächen, Leerstände und Zwischennutzungen geht. Zudem wird Grafikgestaltung und Öffentlichkeitsarbeit (Flyer, Homepage, Social Media) für das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“ durch die teameigene Mediengestalterin/Mitarbeiterin der Wohnbau-Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt. Durch diese fachübergreifende Kooperation entstehen wertvolle Synergien. Anteilig fließen also auch innerhalb des Stadtmacher Teams eine geringe Anzahl an Stunden in das Projekt „Zwischenzeit Steinweg“ ein (ca. 1h/Woche).

Zudem werden Teilaufgaben des Projektes „Zwischenzeit Steinweg“ durch die Kolleg*innen aus den Wohnbau-Abteilungen Öffentlichkeitsarbeit, Vertrieb, Sanierung und Facility Management abgedeckt. Zuständige Mitarbeiter*innen werden durch die Projektleitung in regelmäßigen Abstimmungen oder bei Bedarf über den Projektstand informiert. Ein geringer anteiliger Zeitaufwand ist demnach auch in diesen Abteilungen zu verzeichnen.

Andere Partner wie das Stadtbauamt und das Ordnungsamt der Stadt Coburg sind thematisch mit dem Projekt betraut. Hier beläuft sich der Arbeitsaufwand auf einen sehr geringen Anteil.

Gut zu wissen

Unsere Tipps für Nachahmer

  • Der persönliche Kontakt zu den Zwischennutzer*innen ist entscheidend! Regelmäßiges „Vorbeischauen“ im Quartier und Austauschtreffen mit den Nutzer*innen vereinfachen die Kommunikation und schaffen ein besseres Gespür für die Belange rund um das Projekt.
  • Klare Vereinbarungen treffen: Eine schriftliche Nutzungsvereinbarung zwischen Eigentümerin und Nutzer*in regelt Nutzungsdauer, Flächennutzung, Entgelt, Energieversorgung, Versicherung, Verkehrssicherungspflicht und Übergabe.
  • Als Zwischennutzer*in auf Nummer sicher gehen! Dem Nutzer/Der Nutzerin obliegt die Verkehrssicherungspflicht für die zur Verfügung gestellten Flächen und dem damit einhergehenden Gebrauch. Es wird empfohlen, eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen, da der/die Nutzer*in direkt für entstandene Schäden haftet. Des Weiteren wird dem/der Nutzer*in empfohlen, für die von ihm/ihr eingebrachten Sachen in einer dem Wert der Sachen entsprechenden Höhe eine Versicherung gegen Feuer, Einbruch/ Diebstahl und ähnliche Schäden abzuschließen. Gegenüber Besucher*innen besteht ebenfalls eine Haftung. Das Glasbruchrisiko trägt der/die Nutzer*in.
  • Übergabe- und Abnahmeprotokoll: Protokolle bei Übergabe und Abnahme der Flächen dokumentieren den Zustand der Fläche, die Zählerstände und die Schlüsselanzahl.
  • Sichtbarmachen der zugehörigen Flächen: Die Zwischenzeit-Läden sind durch eine einheitliche Beklebung am Schaufenster erkennbar und sind somit für Passant*innen sichtbar.
  • Quartierseinbindung: Alle Bürger*innen können Stadtmacher*innen sein. Die Zwischennutzer*innen sind ein Teil des Quartiers und bereichern die Innenstadt mit ihren Ideen. Bei Straßenfesten, Veranstaltungen und Innenstadtdialogen etc. werden sie eingeladen, sich mit eigenen Aktionen zu beteiligen.
  • Feedback einholen: Eine regelmäßige Evaluation des Projekts ermöglicht es agil zu bleiben und Entwicklungen und Wünsche aufzugreifen.
  • Vernetzung nach außen! Das bundesweite Netzwerk Zwischennutzung bündelt alle Zwischennutzungsprojekte aus Deutschland und bietet eine Vernetzungsplattform. Digitale Austauschtreffen, Vor-Ort-Werkstätte und Kongresse bieten eine gute Form, um über den Tellerrand zu schauen, sich weiterzubilden und Kolleg*innen aus anderen Städten kennen zu lernen.